Buchführung: Grundlagen und Pflichten
„Buchführung für Einsteiger“: Ihre Buchführungspflichten als Unternehmer. Auf dieser Website finden Sie einen Überblick über die wichtigsten steuerlichen Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. Die Orientierungshilfe richtet sich an Freiberufler, Selbstständige und Kleingewerbetreibende, die …
- die Grundlagen der doppelten (kaufmännischen) Buchführung sowie der einfache(re)n Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten „nicht-buchführungspflichtiger“ Unternehmen kennenlernen möchten,
- sich über die Unterschiede zwischen der doppelten (kaufmännischen) Buchführung und den einfache(re)n Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten von Freiberuflern und Kleingewerbetreibenden klarer sein möchten und
- die wichtigsten kaufmännische Fachbegriffe kennen und verstehen möchten – auch wenn sie in ihrem eigenen Betrieb (noch) keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Wichtig: Die Informationen auf dieser Website wurden sorgfältig zusammengestellt und gewissenhaft geprüft. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte übernehmen wir trotzdem nicht. Insbesondere ersetzt dieser Leitfaden keine steuerliche Beratung: Mit Fragen zu Ihrem Einzelfall wenden Sie sich bitte an Ihren Steuerberater – oder fragen Sie direkt beim Finanzamt nach.
Was ist überhaupt „Buchführung“?
Buchführung ist für die meisten Menschen ein Buch mit sieben Siegeln. Das beginnt bereits beim Begriff selbst: Im weitesten Sinne gilt jede Form der Gewinnermittlung, Belegablage, Aufzeichnung oder Auswertung betrieblicher Vorgänge als Buchführung. Im Steuer- und Handelsrecht wird dagegen nur die Vermögens- und Gewinnermittlung auf dem Weg der Bilanzierung als Buchführung bezeichnet. Die Buchführung im engeren Sinne nennt sich auch kaufmännische Buchführung oder doppelte Buchführung. Gelegentlich findet sich auch die Bezeichnung „Doppik“.
Wichtig: Nicht jeder Selbstständige und Unternehmer ist zur kaufmännischen Buchführung verpflichtet. Für Freiberufler, Kleingewerbetreibende und andere Unternehmer, die (noch) keine Kaufleute sind, gelten vereinfachte Gewinnermittlungsvorschriften. An die Stelle von Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Inventur tritt bei ihnen die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR). Obwohl im Rahmen der EÜR genau genommen keine „Bücher geführt“ werden, bezeichnet man die Einnahmenüberschussrechnung vielfach als einfache Buchführung.
Um Missverständnissen vorzubeugen, wird der Begriff „Buchführung“ auf den folgenden Seiten im weitesten Sinne als Gesamtheit der gesetzlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten von Unternehmern aller Art verstanden. Die umfassenden Buchführungspflichten von Kaufleuten werden dabei als „doppelte Buchführung“ bezeichnet. Die vereinfachten Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten von Freiberuflern und Kleingewerbetreibenden nennen wir „einfache Buchführung“.
Buchführung = Buchhaltung?
Der Begriff „Buchhaltung“ wird vielfach als Synonym für „Buchführung“ verwendet. Grundsätzlich spricht nichts dagegen. Genau genommen bezeichnet Buchhaltung jedoch die organisatorische Einheit eines Unternehmens, die mit der (kaufmännischen) Buchführung betraut ist. Buchhalter sind die dort beschäftigten Menschen.
Buchführung als Teil des betrieblichen Rechnungswesens
In größeren Unternehmen ist die Buchführung Teil des betrieblichen Rechnungswesens. Das weitgehend gesetzlich regulierte externe Rechnungswesen dient vor allem den folgenden Zwecken:
- Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen,
- Information von Handels- und Geschäftspartnern (Kunden, Lieferanten, Gesellschafter) sowie von Mitarbeitern, Banken, Behörden und Öffentlichkeit,
- Beweissicherung bei Rechtsstreitigkeiten und
- Basis statistischer Erhebungen.
Das gesamte externe Rechnungswesen nennt sich auch Geschäfts- und Finanzbuchführung (Fibu).
Demgegenüber liefert das interne Rechnungswesen (die sogenannte Betriebsbuchführung) schwerpunktmäßig die Grundlagen für innerbetriebliche Entscheidungen. Die Betriebsbuchführung dient zum Beispiel der …
- Vor- und Nachkalkulation von Waren und Dienstleistungen,
- vergangenheitsorientierten Ermittlung von Kennzahlen zur Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit des Unternehmens (Kosten- und Leistungsrechnung) und
- zukunftsorientierten Planungsrechnung.
Anders als bei der Geschäfts- und Finanzbuchführung haben Unternehmer bei der Betriebsbuchführung weitgehend freie Hand: So dürfen in die Kalkulation von Waren und Dienstleistungen auch solche Kostenpositionen einfließen, die steuerlich nicht anerkannt werden (zum Beispiel ein anteiliger Unternehmerlohn oder die voraussichtlichen Wiederbeschaffungspreise von Maschinen und Anlagen – anstelle der steuerlichen Abschreibungen).
Zurück zum Schwerpunkt dieses Leitfadens: Die folgenden Seiten befassen sich ausschließlich mit der (externen) Geschäfts- und Finanzbuchführung. Im Mittelpunkt stehen die gesetzlichen Aufbewahrungs- und Aufzeichnungspflichten zwecks Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen (insbesondere für die Umsatz- und Einkommensteuer).
Dafür gibt es, wie weiter oben bereits skizziert, grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die doppelte (kaufmännische) Buchführung und die einfache Buchführung. Hier zunächst eine kurze Gegenüberstellung:
Doppelte oder einfache Buchführung?
Der wirtschaftliche Erfolg (und damit die Besteuerungsgrundlage) eines bestimmten Zeitraums lässt sich grundsätzlich auf zweierlei Wegen feststellen: Entweder man schreibt laufend auf, welche Einnahmen erzielt wurden und welche Ausgaben dafür erforderlich waren. Oder man vergleicht den Wert des Vermögens am Anfangs-Zeitpunkt und am End-Zeitpunkt.
Beispiel private Urlaubskosten: Angenommen, Sie fahren in Urlaub und möchten wissen, was die Reise alles in allem gekostet hat. Um das zu klären, können Sie …
- entweder alle Belege sammeln und jede Ausgabe – und eventuell unverhoffte – Einnahmen festhalten (= Zeitraumbetrachtung),
- oder Sie addieren den Inhalt Ihrer Geldbörse und die Kontostände Ihrer Bank- und Kreditkartenkonten am Anfang der Reise und am Ende der Reise – und bilden die Differenz (= Zeitpunktbetrachtungen).
Wenn Sie nichts vergessen und richtig gerechnet haben, sollte das Ergebnis in beiden Fällen unterm Strich gleich sein. Der Vermögensvergleich in Variante 2 kann auch als „Probe aufs Exempel“ oder Plausibilitätsprüfung genutzt werden.
Bei der einfachen Buchführung (= Gewinnermittlung per „Einnahmenüberschussrechnung“) begnügt sich das Finanzamt mit Variante 1. Bei der doppelten Buchführung ist die Gewinnermittlung (= „Gewinn- und Verlustrechnung“) nicht nur wesentlich differenzierter – das Ergebnis der Gewinnermittlung muss außerdem durch einen Betriebsvermögensvergleich (= Bilanzierung) bestätigt werden.
Hier die wichtigsten Merkmale und Unterschiede der beiden Buchführungsarten auf einen Blick:
Ausführlichere Informationen zu den beiden Verfahren finden Sie weiter unten in den Abschnitten „Einfache Buchführung (EÜR)“ und „Doppelte kaufmännische Buchführung (GuV & Bilanz)“.
Welche Buchführung gilt für wen?
Die allgemeinen Rechtsgrundlagen über die Buchführungspflichten bestimmter Steuerpflichtiger finden sich in § 141 AO sowie § 238 HGB und § 241a HGB. Da Freiberufler per Definition weder Kaufleute noch Gewerbetreibende sind, sind sie weder handels- noch steuerrechtlich buchführungspflichtig.
Wie sich die Buchführungspflichten je nach Unternehmens-Status und Rechtsform unterscheiden, zeigt die folgende Tabelle:
Wichtig:
- Die Buchführungspflicht der nicht ins Handelsregister eingetragenen Steuerpflichtigen entsteht erst, nachdem das Überschreiten der Umsatz- oder Gewinngrenzen vom Finanzamt festgestellt wurde – und zwar für die Zukunft (ab Beginn des dann folgenden Wirtschaftsjahres).
Mit dem Einrichten einer doppelten kaufmännischen Buchführung können Sie sich also Zeit lassen, bis Sie vom Finanzamt dazu aufgefordert werden. In § 141 AO heißt es: „Die Verpflichtung nach Absatz 1 ist vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn dieser Verpflichtung hingewiesen hat.“ - Wer freiwillig Bücher führt, muss alle gesetzlichen Vorschriften beachten – einschließlich der „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“. Das geht aus § 5 EStG hervor – dort heißt es: „Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, […]“
Da Sie an einen freiwilligen Wechsel der Gewinnermittlungsart mindestens drei Jahre lang gebunden sind, sollten Sie Ihre Entscheidung auf jeden Fall gut überlegen: Am besten besprechen Sie die Vor- und Nachteile der freiwilligen Buchführung mit Ihrem Steuerberater!
Dreh- und Angelpunkt der Buchführungsvorschriften sind die gesetzlichen Aufbewahrungs- und Aufzeichnungspflichten. Beginnen wir mit den Aufbewahrungsvorschriften:
Aufbewahrung: Vom Umgang mit Belegen und anderen Unterlagen
Die Plausibilität von Geschäftsvorfällen und anderen Sachverhalten wird von den Finanzbehörden primär anhand von Dokumenten geprüft. Deshalb lautet der zentrale Buchführungs-Grundsatz „Keine Buchung ohne Beleg“. Die Aufbewahrung von geschäftlichen Belegen dient vor allem der Beweissicherung für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen. Als Buchungsbelege gelten insbesondere Ein- und Ausgangsrechnungen, Zahlungsnachweise, aber auch ein- und ausgehende Geschäftsbriefe, die zur Nachvollziehbarkeit und zum Verständnis von steuerlich bedeutsamen Geschäftsvorfällen erforderlich sind.
Bitte beachten Sie: Dass in der Alltagshektik einmal ein Zahlungsnachweis verloren gehen kann, ist auch Finanzbeamten nicht unbekannt. Am Prinzip „Keine Buchung ohne Beleg“ ändert das jedoch nichts: In einem solchen Fall erstellen Sie hilfsweise einen „Eigenbeleg“. Darauf notieren Sie:
- das Datum des Einkaufs,
- Anzahl und Art der erworbenen Produkte oder Dienstleistungen,
- Name und Anschrift des Händlers oder Dienstleisters und den
- Brutto-Kaufpreis.
Außerdem versichern Sie durch Ihre eigenhändige Unterschrift, dass sämtliche Angaben richtig sind. Bei einem solchen Eigenbeleg handelt es sich um ein vollwertiges Abrechnungsdokument. Mithilfe dieser Erinnerungsstütze können Sie den Vorgang bei einer eventuellen Steuerprüfung normalerweise trotz fehlendem Fremdbeleg plausibel und glaubhaft machen. Solange Eigenbelege die Ausnahme und wertmäßig überschaubar bleiben, werden die Aufwendungen vom Finanzamt normalerweise anstandslos als Betriebsausgabe berücksichtigt. Der in Ihren Eigenbelegen enthaltene Umsatzsteueranteil wird zwar nicht als Vorsteuer anerkannt – dafür aber als Betriebsausgabe.
Zurück zu den allgemeinen Aufbewahrungspflichten: Buchungsbelege werden üblicherweise in Papierform aufbewahrt. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie mittlerweile aber auch durch elektronische Dokumente ersetzt werden. Die Einzelheiten regeln die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ – kurz: GoBD. Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie weiter unten im Exkurs „GoBD und die Folgen“.
Grundsätzlich kennt das Steuer- und Handelsrecht zwei Aufbewahrungsfristen:
- Die 10-Jahresfrist gilt für sämtliche Belege über betriebliche Einnahmen und Ausgaben (wie Ein- und Ausgangsrechnungen, Gutschriften, Quittungen, Gehaltsabrechnungen) sowie die dazugehörigen Verträge, Arbeitsanweisungen etc. Ihre Jahresabschlüsse (z. B. die Einnahmenüberschussrechnungen und Anlagenverzeichnisse bzw. Bilanzen, Inventare und GuV) sowie Steuererklärungen und Steuerbescheide müssen Sie ebenfalls mindestens 10 Jahre lang aufbewahren.
- Die 6-Jahresfrist gilt für eingehende Geschäftsbriefe sowie Kopien der eigenen Ausgangspost. Die sechsjährige Aufbewahrungsfrist betrifft zudem alle weiteren steuerlich relevanten Unterlagen, die erforderlich sind, um Anbahnung, Durchführung und Abrechnung von Geschäftsvorgängen nachvollziehen zu können.
Die Details sind in § 147 Abgabenordnung und § 14b Umsatzsteuergesetz geregelt. Ins Handelsregister eingetragene Kaufleute und andere buchführungspflichtige Unternehmen müssen darüber hinaus die handelsrechtlichen Bestimmungen des § 257 HGB über die Aufbewahrung von Unterlagen beachten.
Wichtig: Die Aufbewahrungsfristen beginnen am Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung im betreffenden Dokument gemacht worden ist. Bevor Sie Unterlagen in den Reißwolf geben, sollten Sie also zunächst den Zeitpunkt der letzten Eintragung klären. Beginnend mit dem folgenden Kalenderjahr addieren Sie dann die Dauer der Aufbewahrungsfrist.
Beispiele:
- Ausgangsrechnungen, die Sie im Jahr 2007 verschickt haben, dürfen Anfang 2018 geschreddert werden (10-jährige Aufbewahrungsfrist 2008-2017).
- Die Einnahmenüberschussrechnung des Jahres 2007 hingegen wurde (vermutlich) erst im Jahr 2008 erstellt: Sie darf daher frühestens Anfang 2019 in den Reißwolf (10-jährige Aufbewahrungsfrist 2009-2018).
Bitte beachten Sie: Je nachdem, in welcher Branche Sie tätig sind, gelten für Sie unter Umständen besondere Aufbewahrungspflichten. Bevor Sie mit dem Schreddern beginnen, sollten Sie die Details Ihres Einzelfalls daher unbedingt mit Ihrem Steuerberater besprechen!
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